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Den Zeiten zum Trotz

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Die Gründung des Zentralrats der Juden in Deutschland im Juli 1950 war ein Zeichen des Trotzes. Die Gründer trotzten zum einen der deutschen Geschichte. Immerhin hatten die Nazis das Reich nur wenige Jahre vorher für »judenrein« erklärt. Zum anderen aber trotzten sie auch dem vorherrschenden Geist in den jüdischen Gemeinden außerhalb Deutschlands.

1947 hatte der Jüdische Weltkongress erklärt, dass es kein jüdisches Leben mehr auf dieser »blutgetränkten« Erde geben sollte. Die gleich nach 1945 wiedergegründeten Gemeinden sollten nichts als »Liquidationsgemeinden« sein, deren vorübergehende Existenz spätestens mit der Gründung und Etablierung des Staates Israel keine Berechtigung mehr hätte.

Auch der deutsch-jüdischen Geschichte trotzte man. Der Name der neuen Organisation, der sich deutlich von der größten jüdischen Organisation der Weimarer Republik, dem »Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens«, unterschied, machte bereits deutlich, dass hier nicht einfach an die durch das Dritte Reich gewaltsam zerstörten Traditionen und Strukturen angeknüpft werden sollte. »Juden in Deutschland« – das unterstrich die Distanzierung zu einer in den Jahren davor fremd gewordenen Umgebung und zugleich die Anpassung an eine neue Realität, in der die Mehrzahl der Gemeindemitglieder nicht mehr aus Deutschland stammte, sondern vor allem osteuropäische........

© Juedische Allgemeine