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Steffen Schütz vor BSW-Parteitag: „Das ist so peinlich und tut menschlich wirklich weh“

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Kurz vor dem Bundesparteitag kommt noch mehr Leben in die Bude: Beim BSW mehren sich die Bewerbungen für den Bundesparteivorstand. Das Tableau, das die Spitze um Amira Mohamed Ali, Sahra Wagenknecht und deren designierten Nachfolger als Parteichef, Fabio De Masi, vorgeschlagen hat, ist nicht gesetzt. Kampfkandidaturen sind am 6. und 7. Dezember in Magdeburg sicher. So überlegt inzwischen sogar der Brandenburger Finanzminister Robert Crumbach, für einen Chefposten zu kandidieren – er träte mit der zweifelhaften Empfehlung von wochenlangem BSW-Chaos rund um die Zustimmung zu den Medienstaatsverträgen im Potsdamer Landtag an.

Aus Thüringen, wo das BSW mit CDU und SPD regiert, stehen gleich mehrere Kandidaturen in Aussicht, darunter die der Landtagsabgeordneten Dirk Hoffmeister und Anke Wirsing. Zum Bundesvorstand will künftig auch Steffen Schütz als einer der stellvertretenden Vorsitzenden gehören. In Erfurt amtiert er als Minister für Digitales und Infrastruktur. Aus seinem Amt als Co-Landesvorsitzender von Katja Wolf hatte ihn im Frühjahr der Bundesvorstand um Sahra Wagenknecht gedrängt. Nicht für Wagenknecht, aber für manch andere Ex-Linken im BSW ist Schütz allein seiner Berufsbiografie wegen ein rotes Tuch.

der Freitag: Herr Schütz, Sie sind ja Unternehmer ...

Steffen Schütz: … gewesen!

Okay, jetzt sind Sie Minister – aber was für ein Unternehmer waren Sie denn?

Ich habe in der Markenkommunikation gearbeitet, mit Leidenschaft und nicht ganz unerfolgreich. Meine Werbeagentur hat zum Beispiel das Corporate Design für das Land Brandenburg entworfen – das war eine irre Zeit, mit Matthias Platzeck und anderen. Damals bin ich noch, weil der Beamer nicht funktioniert hat, im Kabinett mit dem Apple von Platz zu Platz gegangen, um zu zeigen, wie das Design aussehen könnte. Wir waren in aller Welt unterwegs, viel in den USA. Da war ich immer der unkonventionelle Ost-Exot, während die Vertreter der großen Agenturen aus Düsseldorf oder Hamburg in Armani gekleidet mit Limousinen vorfuhren. Das war eine Erfahrung, die so viele von uns Ostdeutschen bis heute geprägt hat: Kollegen aus dem Westen erklärten gestenreich, wie es geht, als Ostdeutsche hatten wir gelernt, wie man es einfach macht.

Wären Sie Mitglied in einem Unternehmerverband – würden Sie von dem erwarten, dass er auch mit der AfD Kontakte pflegt?

Ja, das würde ich erwarten. Ich habe nach der ersten Pressekonferenz, nachdem wir in Thüringen gewählt waren, einen Mega-Shitstorm geerntet, weil ich sagte, die Brandmauer und die Haltung „Mit euch spielen wir nicht“ seien gescheitert. Ich rede als Politiker mit der AfD – nicht, um mich mit ihr gleichzumachen, sondern um sie in der Debatte zu stellen. Unter anderem darum bin ich ja ins BSW eingetreten – die AfD stand da bei 37 Prozent und ich war mir ganz sicher, dass es eine neue politische Kraft braucht, um Menschen abzuholen, die sich von der Politik nicht oder nicht mehr gesehen fühlen, verzweifeln und deshalb die AfD wählen.

Ich bin im BSW, weil ich mich dafür schäme und es nicht akzeptieren kann, dass Schulklos scheiße aussehen und unsere Einkaufszentren barrierefreier sind als unsere Schulen

In Sachsen-Anhalt etwa steht die AfD heute bei 40 Prozent. Der BSW-Bundesvorstand hat vorgegeben, dass die Partei nach den Landtagswahlen 2026 in keine Regierung eintreten soll, die eine reine Anti-AfD-Koalition ist. Finden Sie das richtig?

Ich empfehle, eine Rede nachzulesen, die Oskar Lafontaine 2012 zum Thema Regierungsbeteiligung gehalten hat: Man kann und sollte sich in solch einer Frage nicht a priori festlegen, sondern muss das im Einzelfall entscheiden. Wir sind mit dem Slogan........

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